Einsam Zweisam

Einsam Zweisam – über die Leere in einer Langzeitbeziehung

In vielen Partnerschaften, die 20, 30 Jahre oder länger bestehen, verläuft das Beziehungsverhältnis nicht linear, sondern wie eine Reise mit Höhen, Tiefen und leisen Zwischenräumen.
Oft beginnt alles mit dem Aufbau eines gemeinsamen Lebens: Beruf, Familie, Haus, gemeinsame Träume. Vieles läuft Hand in Hand,  der Alltag hat eine vertraute Gewohnheit, und die Zeit scheint in eine Richtung zu fließen: gemeinsam voranzugehen, gemeinsam zu wachsen.

Der Lauf der Zeit

Wenn die Kinder irgendwann erwachsen sind und das Nest langsam leer wird, zeigte sich häufig eine stille Lücke. Die Dynamik verschiebt sich: Der Fokus verschiebt sich von der Partnerschaft auf individuelle Lebensentwürfe, Karrierewege, neue Interessen. Die gewohnte Nähe – die Alltagsintimität, das gegenseitige Geborgenheitsgefühl – kann ins Abseits rücken. Und mit dieser Veränderung wächst oft eine innere Leere bei einem Partner: Das Gefühl, nicht mehr wirklich gebraucht zu werden, nicht mehr gesehen zu sein, während der andere sich weiter dem Berufs- oder Lebensfluss anschließt.

Das Gefühl von einsam-sein

Wie fühlt sich diese Einsamkeit an, im Inneren desjenigen, der beginnt sich in diesem Gefühl langsam zu verlieren? Hier einige häufige Empfindungen, die Menschen berichten in meiner Praxis berichten:

  • Die Sehnsucht nach Nähe wird zu einer stillen Aufmerksamkeit, die immer wieder schmerzt, wenn sie nicht erhört wird. Es ist ein Verlangen nach Augenblicken der Verbindung, die jedoch oft im Alltagsrauschen untergeht.
  • Ein unterschwelliges Gefühl der Ungerechtigkeit: „Ich fragt sich, warum der Partner noch gemeinsam lacht, plant oder träumt, während ich selbst eher in einer zweckmäßigen Routine feststecke.“
  • Die Selbstzweifel nagen am Selbstwert: „Bin ich noch attraktiv, liebenswert, relevant? Oder bin ich nur noch der sichere Mitbewohner im gemeinsamen Lebensprojekt?“
  • Die Angst vor Veränderung: „Wie würde sich die Beziehung wirklich verändern, wenn ich offen über diese Einsamkeit sprechen würde? Ist der andere überhaupt bereit, wieder enger an mich ran zu rücken?
  • Das stille Verhindern von Nähe: Man hält sich zurück aus Furcht vor Ablehnung oder Konflikt, und so vergrößert sich der Abstand statt zu schrumpfen.

Die Möglichkeiten

Gleichzeitig liegt in dieser Situation auch eine Tür zu Möglichkeiten. Die Einsamkeit kann ein Signal sein, dass sich etwas Wesentliches in der Beziehung weiterentwickeln möchte.
Sie kann als Anstoß dienen, bewusster und kreativer mit der Partnerschaft umzugehen – statt im Gewohnten weiterzufahren, das zwar sicher, aber nicht mehr befriedigend ist.

Wie es gehen kann

Ich möchte dir hier wichtige Orientierungspunkte nennen, um aus dem “Einsam Zweisam” herauszukommen:

  • Offene Kommunikation: Ein ehrliches Gespräch über Bedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste ist oft der erste Schritt. Dabei gilt: wertschätzende Sprache, aktives Zuhören und das Vermeiden von Schuldzuweisungen.
  • Gemeinsame Werte erneuern: Welche gemeinsamen Ziele und Träume existieren noch oder können neu definiert werden? Welche Aktivitäten stärken die Verbundenheit statt sie zu belasten?
  • Nähe bewusst gestalten: Plane verbindende Rituale – regelmäßige Zweisamkeit, kleine gemeinsame Auszeiten, bewusstes Zuhören ohne Ablenkung.
  • Kreativität als Brücke: Neue Formen der Nähe schaffen – gemeinsam kreative Tätigkeiten, Reisen, kuriose Experimente im Alltag, die das Gefühl von „Gemeinsamkeit“ wieder lebendig machen.
  • Selbstwirksamkeit und Individualität: Beide Partner brauchen Raum für eigene Bedürfnisse. Das stärkt das Selbstwertgefühl und macht die Beziehung reicher, da jedes Individuum wächst.
  • Professionelle Unterstützung: Oft hilft eine neutrale Begleitung, Muster zu erkennen, Kommunikationswege zu verbessern und neue Zugänge zueinander zu finden.

Wenn du merkst, dass der Abstand in deiner Beziehung wächst und die Einsamkeit sich breit macht, ist das kein Scheitern, sondern ein Hinweis auf Veränderung. Es kann schon mal etwas Mut brauchen, dieses Thema in der Partnerschaft anzusprechen.
Das gemeinsames Anpacken und die Geduld, kann ein Weg sein wieder Nähe zu entwickeln.

Eine mögliche Übung für einen gemeinsamen Austausch:

Ich nenne diese Übung das „Staubwischen“. So wie wir  unser Zuhause putzen und reinigen, können wir auch unsere Beziehung säubern  und entstauben.

Was ihr benötigt ist eine Stoppuhr und einen ungestörten Raum

Ablauf der Übung: 

Jeder bekommt eine bestimme Anzahl an Zeit. Zu Beginn können es 7 Minuten sein.
Während diesen 7 Minuten darf sich einer der beiden alles von der Seele reden, oder auch schweigen!
Wenn die 7 Minuten um sind, kommt der andere an die Reihe.

Ihr könnt dies eine Runde lang machen, oder auch zwei oder drei.

Wichtig ist:

  1. Kein Fingerzeigen, keine Schuldvorwürfe! Sage statt: „du bist immer mit deinen Kumpels unterwegs, mit mir unternimmst du nie was“ besser: „Wenn du mit deinen Kumpels unterwegs bist, fühle ich mich zurückgesetzt. Ich wünsche mir, dass wir beide etwas gemeinsam unternehmen. Ich habe mir schon einige Ideen für gemeinsame Aktivitäten überlegt.“
  2. Jeder der gerade „Redenszeit“ hat, darf seine Zeit für sich nutzen, reden oder schweigen, es ist seine Zeit!
  3. Der andere hört zu und unterbrichts nicht!

Die Herausforderung:

  1. aktives zuhören
  2. den Sprechenden nicht unterbrechen und in die Argumentation gehen 
  3. für den Sprechenden: ohne Vorwürfe und Verletzungen kommunizieren: 
    z.B wenn es darum geht, eine bestimmte Situationen zu beschreiben: 
    => das war die Situation
    => so ging es mir dabei
    => das wünsche ich mir / das hätte ich gebraucht
    => das bin ich bereit dafür zu tun.

Die Chance:

Die Chance in dieser Übung ist es, wieder eine gemeinsame Ebene zu finden. Seinen eigenen Gefühlen einen Raum zu geben und dem Gegenüber ein Ohr zu schenken.
Es geht um Aussprechen, Zuhören, Verstehen und Kontakt.  Ich verstehe sehr gut, dass diese Übung eine Herausforderung sein kann.
Doch die  Chance etwas zu verändern und sich wieder näher zu kommen besteht allemal.

Schreibe mir gerne, wenn auch du das Gefühl hast, dass etwas auf deinem Lebensweg verloren gegangen ist.
Gemeinsam können wir es suchen neu entdecken.

Sybille Tremel
Heilpraktikerin in Wilhelmsdorf

Nähe Herzogenaurach, Neustadt an der Aisch, Emskirchen und Langenzenn.